Österreich

Flugsicherheit trotz Corona: AUA trainiert ihre Piloten besonders intensiv

Crew im Embraer-Simulator - alle Fotos: Huber / Austrian Wings Media Crew

Wegen Corona stehen weltweit viele Flugzeuge auf dem Boden, unzählige Piloten bekommen kaum Flugpraxis. Das birgt Sicherheitsrisiken, warnen Luftfahrtverbände und Pilotenvertreter. Bei der österreichischen Lufthansa-Tochter Austrian Airlines - seit Jahrzehnten bekannt für ihren hohen Sicherheitsstandard - hat man früh gegengesteuert und ein intensives Trainingsprogramm etabliert, das weit über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus geht. Denn bei der Sicherheit gehe man keine Kompromisse ein, wie Ausbildungsleiter Michael Kircher, selbst aktiver Pilot auf der Boeing 767-300ER, gegenüber Austrian Wings erläutert.

Seit März des vergangenen Jahres ist der Flugverkehr weltweit wegen der Corona-Pandemie massiv eingebrochen. Das hat es mit sich gebracht, dass unzählige Piloten ihre Jobs verloren und Flugzeuge ungenutzt auf dem Boden stehen. Weltweit kommen aber dadurch auch jene Piloten, die noch Jobs haben, wenig in die Luft, was durchaus mit Sicherheitsrisiken verbunden ist. Im Lufthansa-Konzern und bei seiner österreichischen Tochter Austrian Airlines ist Sicherheit im Flugbetrieb die oberste Prämisse. Von etwa 1.100 Flugzeugführern der AUA sind derzeit rund 750 aktiv im Einsatz. Um diese Piloten fliegerisch fit zu halten, hat man ein umfangreiches Trainingsprogramm erstellt.

"Wir müssen stets eine sichere und hochwertige Operations gewährleisten."
Ausbildungsleiter Michael Kircher

"Wir haben zu Beginn der Krise, als absehbar war, dass viele Flüge gestrichen werden, eine Risikobewertung durchgeführt", schildert Ausbildungsleiter Michael Kircher, mit 9.000 Flugstunden ein erfahrener Verkehrsflugzeugführer. "Ein wesentlicher Faktor mit Blick auf die Flugsicherheit ist die Routine. Wenn man wenig fliegt, fehlt diese Routine einfach. Deshalb müssen wir hier genau ansetzen um die entstandenen Risiken zu mitigieren", so Kircher. Man habe im Anschluss an die Evaluierungsphase, in die auch das Feedback erfahrener Instruktoren selbst einfloss, ein spezielles Konzept erstellt, um das hohe Niveau der AUA-Piloten trotz Krise und weniger Flügen halten zu können.

Ein erheblicher Teil der AUA-Flotte steht wegen Corona ungenutzt auf dem Boden

So schreibt das Gesetz etwa unter anderem vor, dass ein Pilot innerhalb von 90 Tagen drei Starts und drei Landungen durchführen muss. Kircher: "Diese isolierte Betrachtung ist uns zu wenig, unser Standard liegt höher. Bei uns muss ein Pilot pro Monat auf der Langstrecke mindestens zwei Legs durchführen, auf der Kurzstrecke sogar vier." Werde dieses Minimum nicht erreicht, ergibt sich daraus eine eingeschränkte Einsatzfähigkeit im nächsten Monat. Denn gesetzliche Mindestanforderungen seien immer auch ein Kompromiss zwischen fliegerischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Das Flugsimulatorzentrum von Lufthansa Aviation Training am Flughafen Wien beherbergt Simulatoren für die Muster Q400, E195 sowie die A320-Familie

"Simulatortraining steht auch dann an, wenn ein Pilot mehr als 60 Tage nicht geflogen ist. Dann gibt es eine Trainings-Session, welche sich am Regelbetrieb orientiert und mit einschränkenden Wettervorgaben, kleineren technischen oder operationellen Problemen angereichert ist", so Kircher, der zudem betont, dass diese Simulatortrainings ergänzend zum regulären Simulatorprogramm stattfinden: "Gemäß rechtlicher Vorgaben muss jeder Pilot ohnedies dreimal im Jahr im Simulator seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Unsere Crews sind regulär schon viermal pro Jahr im Simulator."

"Master Warning" Alarm während einer Simulator-Session

Das Simulatortraining findet für die A319/A320/A321-Crews sowie die Embraer E195- und Q400-Piloten bei Lufthansa Aviation Training in Wien statt. Piloten der Boeing 767 trainieren in Frankfurt, jene der Boeing 777 in Zürich und Berlin.

Zusätzlich stehen den AUA-Piloten auch Online-Trainings, umfangreiche Dokumentation und Videos zur Auffrischung ihrer theoretischen Kenntnisse zur Verfügung.

Spezialkurse für "Rückkehrer"
Für jene Piloten (vor allem der Flotten der A320-Familie sowie der Boeing 777-Flotte), die derzeit krisenbedingt nicht fliegen, gibt es vor der Rückkehr in den regulären Flugbetrieb ebenfalls ein maßgeschneidertes Ausbildungspaket.

"Unser Anspruch und unser Ansatz ist es, unsere Kolleginnen und Kollegen mit unserem Trainingskonzept bestmöglich zu unterstützen und so wesentlich zum hohen Qualitätsniveau im Flugbetrieb beizutragen."
Michael Kircher

So erfolgt laut Kircher zunächst eine theoretische Ausbildung, gefolgt von Flügen am Simulator:

Auch in der Praxis kaum auftretende Notfälle wie Triebwerksbrände können im Simulator gefahrlos trainiert werden

"Daran schließt die sogenannte "Line Flying under Supervision"-Phase an", präzisiert der erfahrene Ausbilder. Dabei fliegen die wieder in den Betrieb eingegliederten Flugzeugführer zunächst gemeinsam mit speziell qualifizierten Kapitänen (Type Rating Instructor beziehungsweise Type Rating Examiner). Ehe sie wieder vollständig einsetzbar sind, steht ein abschließender Checkflug an. Dabei bewertet ein Examiner vom dritten Sitz im Cockpit aus die Leistungen des Kollegen.

"Bei unseren Trainingskonzepten kommt uns die Zugehörigkeit zur Lufthansa-Group zugute. So tauschen wir uns auch mit den Flugbetrieben unserer Partnerairlines SWISS und Lufthansa aus und können Trainingsabläufe abstimmen, beziehungsweise bei Bedarf auch anpassen", betont Kircher.

Piloten im Cockpit einer Boeing 777 der AUA

Was er selbst sich für die Zukunft wünscht? "Ganz klar, eine rasche Rückkehr zur Normalität im Leben und im Flugverkehr, denn alle Kolleginnen und Kollegen möchten fliegen und Passagiere sicher und bequem an ihr Ziel bringen."

Ein A321 der AUA beim Start in Wien

Ein Lichtblick: Gerade erst habe man 20 Piloten für die A320-Familie wieder zurück in den Dienst geholt.

Text: P. Huber