Reportagen

Vor fünf Jahren starb das israelische Fliegerass Ran Ronen-Pekker

Ran Ronen-Pekker - Foto: IAF

Er ging ein in die Geschichte als der "einzige Pilot, der sein Flugzeug gelandet hat, nachdem er es mit dem Schleudersitz verlassen hat". Außerdem war er an der Operation Diamond beteiligt, mit der es Israel gelang, eine MiG 21 aus dem Irak in den Westen zu bringen. Die Rede ist von Ran Ronen-Pekker, Pilot der israelischen Selbstverteidigungskräfte. Am 3. Dezember 2016 starb der begnadete und umsichtige Flieger im Alter von 80 Jahren. Austrian Wings erzählt seine bewegte Lebensgeschichte.

Ran Ronen-Pekker wurde am 19. Juli 1936 in Kfar Vitkin to Leah im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina geboren. Im Alter von 17 Jahren trat er im März 1954 der israelischen Luftwaffe bei und wurde auf der Spitfire ausgebildet, später schulte er auf die Gloster Meteor um. Sein nächstes Einsatzmuster wurde die Dassault M.D.450 Ouragan. Ronen-Pekker nahm am vom 29. Oktober 1956 bis zum 7. November 1956 dauernden Sinai-Feldzug als Pilot einer Mystere teil. Danach ging er nach Frankreich, wo er ein Jahr lang als Teil eines Ausbildungsprogramms für israelische Piloten in der französischen Luftwaffe flog. Nach seiner Rückkehr nach Israel wurde Ronen-Pekker selbst Fluglehrer und übernahm im Jahr 1962 - gerade einmal 26 Jahre alt - das Kommando über die 101. Staffel der israelischen Luftstreitkräfte.

Ausstieg per Schleudersitz
Im Jahr 1963 befand sich Ronen-Pekker auf einem Routineflug mit einer brandneuen Mirage III, als das Triebwerk des Jets plötzlich an Leistung verlor. Eine antriebslose Landung schien aussichtslos, die einzige Möglichkeit sich zu retten, war der Schleudersitz. Doch zum Zeitpunkt des Triebwerksausfalls befand sich Ronen-Pekker über dicht besiedeltem Gebiet. Wie er später erzählte, wollte er einen unkontrollierten Absturz auf bewohntes Gebiet, der viele Todesopfer gefordert hätte, vermeiden und entschied sich, die havarierte Mirage so lange wie möglich in der Luft zu halten und von den Häusern wegzusteuern. Erst in einer Höhe von 500 Fuß - rund 150 Meter über Grund - betätigte er schließlich den Schleudersitz. Während heutige Schleudersitze selbst am Boden eine sichere Rettung von Piloten ermöglichen (Zero/Zero-Schleudersitz), war ein Notausstieg in 500 Fuß Höhe in der damaligen Zeit ein nahezu unkalkulierbares Risiko, das er dennoch einging, um unbeteiligte Zivilisten zu retten. Sein Mut wurde belohnt und er kam sicher am Fallschirm auf der Erde an. Zu seiner großen Überraschung legte der antriebslose Jet ohne Pilot eine verhältnismäßig sanfte Bruchlandung hin und konnte sogar repariert werden. Wenig später saß Ronen-Pekker wieder in der Maschine.

Whiskey und ein Gedicht
Als der damalige israelische Staatspräsident Ezer Weizmann - selbst ausgebildeter Jagdflieger mit Kampferfahrung - von diesem Husarenstück erfuhr, schickte er Ronen-Pekker eine Flasche Whiskey und ein Gedicht, in dem er ihn lobte, der "erste Pilot zu sein, der es geschafft hat, ein Flugzeug nach dem Ausstieg mittels Schleudersitz zu landen".

Ronen-Pekker besuchte die Offiziersschule der Israeli Air Force und wurde zunächst zum stellvertretenden Kommandant einer Einsatzstaffel auf der Hatzor Airbawe ernannt, kurz darauf, im Sommer 1965, erfolgte seine Ernennung zum Staffelführer der 119. Staffel, die mit Mirage ausgerüstet war.

Operation Diamond
Am 16. August 1966 - gerade einmal 30 Jahre alt - startete Ronen-Pekker zur Geheimoperation Diamond, Hebräisch Mivtza Yahalom. Der irakische Jude Munir Redfa, der als Pilot in der dortigen Luftwaffe diente, war vom israelischen Geheimdienst Mossad überzeugt worden, sich nach Israel abzusetzen. Doch das wusste Ronen-Pekker zum Zeitpunkt seines Starts nicht einmal. "Alles, was man mir gesagt hatte, war dass es eine Geheimmission sein würde", erinnerte er sich später. Erst in der Luft erfuhren er und sein Flügelmann in der zweiten Maschine über Funk von Mordechai “Mottie” Hod, dem Kommandeur der israelischen Luftwaffe, dass "wir in ein paar Minuten etwas sehen werden, dass wir auf keinen Fall abschießen dürfen". Kurz darauf erblickten sie die MiG 21 der irakischen Luftwaffe und begleiteten die Maschine zur Landung auf einem israelischen Militärflugplatz. Der Pilot, Munir Redfa, erklärte später, er sei buchstäblich "mit dem letzten Tropfen Sprit" gelandet. Durch dieses Husarenstück des Mossad gelangte der Westen an das damals modernste sowjetische Jagdflugzeug und konnte die Maschine umfassend unter die Lupe nehmen. Das Flugzeug steht heute im Israeli Air Force Museum in Hatzerim.

Erster Luftsieg
Am 13. November geriet Ronen-Pekker während der Operation Shredder in einen Luftkampf mit einem jordanischen Piloten. Das Gefecht dauerte acht Minuten (der längste "Dogfight" in der Geschichte der Israeli Air Force) und schlussendlich gelang es Ronen-Pekker die Hawker Hunter der jordanischen Luftwaffe abzuschießen. Weniger als ein halbes Jahr später kam es über den Golan-Höhen zu einem Luftkampf zwischen der israelischen und der syrischen Luftwaffe, in dessen Verlauf der israelische Offizier eine syrische MiG 21 abschießen konnte.

Sechs-Tage-Krieg
Im Juni 1967 nahm Ronen-Pekker am Sechs-Tage-Krieg teil und war mehrfach in Luftkämpfe mit syrischen und ägyptischen Piloten verwickelt. Es gelang ihm zwei ägyptische MiG 19 abzuschießen. Seine Staffel erreichte damit 19 Luftsiege, mehr als jede andere israelische Jagdfliegereinheit, bei gerade einmal zwei eigenen verlorenen Maschinen - deren Piloten sich retten konnten und überlebten.

Abnutzungskrieg
Da zahlreiche arabisch-islamische Staaten Israel weiterhin feindlich gegenüberstanden, kam es ab 1967 bereits zum nächsten Waffengang, dem so genannten Abnutzungskrieg, der bis 1970 dauern sollte. Abermals musste Israel, der Staat der Shoa-Überlebenden, um seine Existenz als Nation kämpfen. Während dieser Zeit war Ronen-Pekker als Ausbildungsleiter der Flugschule der Israelischen Luftwaffe tätig, flog jedoch weiterhin als Reservepilot in der 119. Staffel. Dabei gelang es ihm drei ägyptische MiG 21 abzuschießen und die Zahl seiner Abschüsse auf sieben zu erhöhen. Damit war er das zweite israelische Jet-Fliegerass, das sieben Luftsiege vorweisen konnte. Nachdem sein Kamerad Shmuel Hetz als Kommandant einer Phantom-Staffel im Sommer 1970 abgeschossen worden war, wurde Ronen--Pekker zu dessen Nachfolger ernannt, obwohl er die Phantom weder kannte, noch sie jemals zuvor geflogen hatte. Trotzdem konnte er die Staffel erfolgreich im Kampf gegen ägyptische Luftabwehrstellungen führen.

Beförderung
1972 absolvierte Ronen-Pekker eine Ausbildung beim US Marine Corps in Quantico und wurde anschließend zum Oberkommandierenden der Flugausbildung der israelischen Luftwaffe ernannt und zum Oberst befördert. Während des Jom Kippur Krieges übernahm er das Kommando über die Tel Nof Airbase, 1975 erfolgte die Beförderung zum Brigadegeneral.

Ausscheiden aus dem aktiven Dienst
1977 begann Ronen-Pekker ein Studium an der renommierten Harvard Universität. Als er 1979 nach Israel zurückkehrte, war er für den Posten des Kommandanten der Luftwaffe vorgesehen. Doch es gab - später widerlegte - anonyme Anschuldigungen, er habe einen jordanischen Kriegsgefangenen exekutiert, nachdem dieser zugegeben hatte, einen israelischen Piloten völkerrechtswidrig ermordet zu haben. Obwohl sich die Behauptungen als falsch heraus stellten, wurde Ronen-Pekker nicht befördert. Zwei Jahre, 1981, später verließ er die Israelische Luftwaffe nach 27 Jahren Dienst, in denen er 350 Kampfeinsätze geflogen und 7 Luftsiege errungen hatte.

Nach seinem Wechsel ins Zivilleben war Ran Ronen-Pekker in der Werbebranche tätig, gründete 1992 ein Sozialprojekt für Jugendliche und verfasste zehn Jahre später seine Biografie "Eagle in the Sky" auf Hebräisch. Das Buch wurde im Jahr 2016 von Dan Halutz (von 2000 bis 2004 Kommandant der Israelischen Luftwaffe) ins Englische übersetzt. Von 2009 bis 2012 war er als Manager für Israel Aerospace Industries tätig. Am 3. Dezember 2016 erlagt das Fliegerass, das seinem Land in so vielen Kämpfen treu gedient und dessen Existenz damit nachhaltig gesichert hatte, im Alter von 80 Jahren in Tel Aviv, einem Krebsleiden.

Text: P. Huber