Reportagen, Videobeiträge

Fünf Jahre Nachtflugbetrieb von Christophorus 2: "Die Erwartungen wurden übertroffen!"

Fotos: Austrian Wings Media Crew

Vor etwas mehr als fünf Jahren startete der ÖAMTC-Notarzthubschrauber Christophorus 2 auf dem Flugplatz Krems Gneixendorf als erster ziviler Rettungshelikopter Österreichs den regulären 24-Stunden-Betrieb. Es war dies der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende geschrieben scheint.

Nach umfangreichen Vorbereitungsarbeiten und einer intensiven Schulung von Piloten, Flugrettern und Notärzten - hier geht's zum Austrian Wings Foto- und Videobericht von damals - nahm der niederösterreichische Notarzthubschrauber Christophorus 2 mit 1. Jänner 2017 den 24-Stunden-Betrieb auf. Einmal mehr war die Christophorus Flugrettung damit Pionier im zivilen österreichischen Luftrettungswesen. Der erste Einsatz bei Nacht ließ allerdings auf sich warten und fand erst am 3. Jänner 2017 statt - wir berichteten.

Austrian Wings besuchte 2016 das Nachtflugtraining der Christophorus-Crews - Video: Austrian Wings Media Crew

Fünf Jahre später können die Flugretter nun eine positive Bilanz ziehen. Von 1. Jänner 2017 bis Ende Jänner 2022 führte Christophorus 2 rund 1.700 Einsätze bei Dunkelheit durch. Dabei wurden nicht weniger als fast 70.000 Minuten Flugzeit, was rund 1.165 Stunden entspricht, absolviert.

Die Zahl der Einsätze stieg jährlich an - 2017 waren es noch 219, im Jahr darauf 265, 2019 gar schon 288. Im Jahr 2020 wurde mit 325 Einsätzen erstmals die 300er-Marke geknackt, im vergangenen Jahr flogen die gelben Engel aus Krems 351 Nachteinsätze. Spitzenreiter waren dabei internistische und neurologische Notfälle (60 Prozent der Einsätze), gefolgt von Verkehrsunfällen (10 Prozent).

Der Stützpunkt von Christophorus 2 bei Nacht.

"Bei Einsätzen bei Dunkelheit gibt es doch einige Besonderheiten zu beachten", weiß Cpt. Günter Grassinger, seines Zeichens ehemaliger Militärpilot und Stützpunktleiter von Christophorus 2. Zunächst einmal gelten strengere Wetterminima als bei Tag. "Die Sicht muss innerhalb einer Kontrollzone mindestens drei Kilometer betragen, außerhalb fünf Kilometer. Dadurch ist gewährleistet, dass wir selbst beim Ausfall der Nachtsichtgeräte sicher zum Stützpunkt zurückkehren können. Nach einer Alarmierung führt die gesamte Besatzung gemeinsam ein Briefing durch, wobei der Pilot sein Hauptaugenmerk auf das Wetter entlang der Flugroute richtet.

Cpt. Günter Grassinger im Cockpit

Grassinger: "Am Tag sind wir in drei Minuten in der Luft, bei Nacht haben wir maximal 15 Minuten Zeit." Tatsächlich liegt die durchschnittliche Zeit von der Alarmierung bis zum Take Off in der Nacht jedoch bei gerade einmal sieben Minuten - eine beeindruckende Leistung.

Erwartungen übertroffen
Für Flugrettungschef Cpt. Reinhard Kraxner, selbst Einsatzpilot und einer der Väter des Primärrettungsflugbetriebs bei Nacht, haben sich die Erwartungen nach fünf Jahren absolut erfüllt, wie er im Gespräch mit "Austrian Wings" bestätigt.

Flugrettungschef Reinhard Kraxner im Cockpit

"Bei Beginn des Projektes waren unsere Erwartungen der Nachweis, dass Rettungsflüge rund um die Uhr Sinn machen und dass diese bei guter Organisation risikoarm durchgeführt werden können."  Diese Erwartungen seien sogar übertroffen worden.

"Die Erwartungen wurden übertroffen, eines der größten Hindernisse, nämlich schlechte Wetterbedingungen, hat sich als kleiner als vermutet herausgestellt. Christophorus 2 ist mittlerweile auch für das Gesundheitssystem in Niederösterreich rund um die Uhr zu einem nicht mehr wegdenkbaren Faktor geworden. Auch die sichere Durchführung dieser Flüge in der Nacht konnte bewiesen werden, keinerlei Unfälle oder Vorfälle während der letzten fünf Jahre zeigen ein extrem hohes Sicherheitsniveau."
Cpt. Reinhard Kraxner

Safety first
Es sind zahlreiche Elemente, die beim ÖAMTC-Nachtflugbetrieb für Sicherheit sorgen "Zunächst sind die Nachtsichtbrillen zu erwähnen, ohne sie hätten wir den Schritt gar nicht gehen können. Der Aufbau eines Wetterkamerasystems, das uns in Echtzeit die Wetterbedingungen an mehr als 50 Standorten in ganz Österreich liefert ist ein weiterer Baustein des Erfolges. Der durchgängige Einsatz von Hubschraubern mit Autopilotsystemen sorgt für ein flugbetriebliches Sicherheitsnetz, falls es zu unerwarteten Verschlechterungen des Wetters kommt – eine sichere Landung unter Instrumentenflugbedingungen auf einem Flughafen ist so garantiert. Strikte Dispositionskriterien zusammen mit einer hochprofessionellen Koordination der Einsätze durch die Leitstelle Notruf Niederösterreich sorgen für eine außergewöhnlich niedrige Fehleinsatzquote", unterstreicht Kraxner, der als Mann der Praxis ganz genau weiß wovon er spricht.

Mit der Aufnahme des 24-Stunden-Betriebes wurde auch ein eigenes Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) auf dem Stützpunkt stationiert. Kann der Helikopter aufgrund der Wetterbedingungen einmal nicht abheben, rücken Notarzt und Flugretter bodengebunden zum Einsatzort aus.
Die Coronapandemie war und ist auch für die Flugrettung eine enorme Herausforderung. Zur Sicherheit von Crews und Patienten sind Notärzte, Flugretter und Piloten selbstverständlich gegen das gefährliche Virus immunisiert.
Der Pilot legt bei der Flugvorbereitung sein Hauptaugenmerk auf das Wetter.

Zusätzlich wird auch der Ermüdungsgrad der Besatzungen laufend erfasst, wie Stützpunktleiter Cpt. Günter Grassinger ergänzt: "Nach drei Einsätzen evaluiert die Besatzung gemeinsam, ob sie sich noch fit genug für weitere Flüge fühlt."

Aus Sicht von Flugrettungschef Reinhard Kraxner war das Nachtflugpilotprojekt mit Christophorus 2 der "Kick off" für Christophorus 17, der seit Mai 2020 im steirischen St. Michael ebenfalls rund um die Uhr abhebt - wir berichteten. Zusätzlich wurden die Betriebszeiten (vor allem im Winter relevant, wo es teilweise schon um 16 Uhr dunkel wird) von Christophorus 9, Christophorus 11, Christophorus 12 und Christophorus 14 sowie von Christophorus 33 bis in die Abend- beziehungsweise Nachtstunden hinein verlängert. Und auch bei weiteren Stützpunkten ist die Verlängerung der Betriebszeiten bereits in Planung.

Vor dem Start erfolgt ein intensives Briefing der Besatzung.
Durch das Nachtsichtgerät (NVG) kann der Pilot Hindernisse bei Dunkelheit besser erkennen.
Notarzt bei der Patientenversorgung

Austrian Wings wünscht den Besatzungen der Christophorus-Notarzthubschrauber auch weiterhin always happy landings und eine gesunde Heimkehr von ihren Einsätzen.

(HP)