Österreich

Engagierter AUA-Pilot meldet sich erneut mittels Brief zu Wort

Foto: Austrian Wings Media Crew

Seit Monaten beschäftigt das Thema “AUA” die Mitarbeiter, Außenstehende, Boulevard und Fachmedien gleichermaßen. Trotz dieses ungeheuren Drucks, der auf ihnen lastet, und zum Teil dümmlichen Anfeindungen in Internetforen, bemühen sich die meisten AUA-Angestellten, weiterhin einen hervorragenden Job zu leisten. Die Austrian Wings Redaktion erreichte vor etwas mehr als einer Woche ein bewegendes Dokument, ein Brief eines AUA-Piloten an seine Kollegen und den Vorstand. Wir haben sein Schreiben vor genau einer Woche veröffentlicht. Heute erreichte uns erneut ein Brief dieses engagierten Piloten, der trotz aller Widrigkeiten die AUA-Fahne hoch hält und zu seinem Unternehmen steht. Wir wollen seine Zeilen unseren Leser natürlich nicht vorenthalten. Da der erste Brief mittlerweile im Internet und auch auf Facebook kursiert, haben wir uns diesmal entschlossen, den Namen ansatzweise zu nennen. Das Schreiben wird nachfolgend im Original wiedergegeben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mein Name ist Peter U., so habe ich letzte Woche begonnen, mittlerweile habe ich den Eindruck, dass ich mich bei niemandem mehr vorstellen muss. Es ist unglaublich und unbeschreiblich, welche Welle der AUA-Begeisterung mich letzte Woche erfasst hat.

Diese Welle war nicht nur auf unseren Flugbetrieb beschränkt, innerhalb weniger Stunden hat mein Brief den Weg "nach außen" gefunden, zu Mitarbeitern anderer Abteilungen, wie etwa vom Boden, von der Technik, von der Fracht. Er hat Familienangehörige und Freunde erreicht. Auch ehemalige Mitarbeiter, Menschen, die immer noch mit Stolz und Freude an ihre Zeit bei der AUA zurück denken, haben ihn gelesen. Viele mit Tränen in den Augen. Ich habe wohl nicht nur mir, sondern allen, die mit ihrem Herz an der AUA hängen, aus der Seele gesprochen. Das freut mich sehr und erfüllt mich mit großem Stolz.

Innerhalb weniger Tage durfte ich hunderte Mails lesen, nicht ein einziges davon war in irgendeiner Form negativ, pessimistisch oder kritikbehaftet. Die meisten waren voll der Hoffnung, voll des Optimismus, getragen von wesentlichen, ja, unverzichtbaren Werten wie Respekt, gegenseitiger Wertschätzung und Menschlichkeit. Natürlich musste ich auch erfahren, dass viele von uns sehr traurig, enttäuscht und wütend sind. Das bin ich auch. Zeiten wie diese können an uns allen nicht spurlos vorüber ziehen. Sie hinterlassen Wunden. Und das tut uns und unseren Familien weh.

Es schmerzt, wenn man aus der Vorstandsetage mit eiskalten Worten eine Hiobsbotschaft nach der anderen erhält. Wenn man die Wertschätzung, die jeder von uns verdient hat, die sich jeder von uns hart erarbeitet hat, die jeder von uns mit einer Selbstverständlichkeit dem nächsten zukommen lässt, nicht mehr erfährt. Wenn man plötzlich bemerkt, dass man als Altlast und Kostenfaktor gesehen wird. Wenn man noch dazu als der einzige von hundert "Partnern" dargestellt wird, der nicht bereit ist, auf seine Ansprüche und Pfründe zu verzichten. Wenn das Alles noch dazu medial genüsslich ausgebreitet wird.

Mittlerweile müssen wir uns bei diversen Veranstaltungen leider auch von manchen Kollegen aus dem Angestelltenbereich, aus den Büros, anfeinden und ausbuhen lassen. Kollegen, die leider nicht sehen, dass wir bereit sind, historisch einmalige Zugeständnisse zu machen, die leider noch nicht erkennen, dass sie wohl die nächsten Opfer dieses traurigen Einsparungsprozesses sein werden. Ich wünsche ihnen allen, dass sie dann wenigstens besser behandelt werden als wir. Die mediale Ausschlachtung und die öffentliche Diskreditierung dürften ihnen immerhin erspart bleiben.

Ich merke auch an mir selbst, wenn ich solche Zeilen schreibe, wie die Wut und die Enttäuschung in mir aufsteigen. Die unter Euch, die mich kennen, wissen, dass das keine Wesenszüge sind, die mir ansonsten so zugeschrieben werden. Aber wenn ich mir ansehe, was wir bereits angeboten haben, worauf wir bereit waren zu verzichten, was wir an Einbußen finanzieller und zeittechnischer Natur bereit waren zu akzeptieren, werde sogar ich emotional, aber leider nicht im positiven Sinn. Immer noch wird uns ausgerichtet, direkt oder über die Medien, dass es nicht genug ist, dass wir nicht schnell genug unterschrieben haben, dass wir wieder ein Ultimatum ungenutzt verstreichen haben lassen, dass wir noch nicht genug gelitten haben, dass das alles unsere Schuld sei. Zur Strafe müssen wir jetzt in Richtung Plan B marschieren, den Betriebsübergang als vermeintlich unvermeidbares Ziel vor Augen.

Einen Betriebsübergang, der, wie ein geschätzter Kollege sehr treffend formuliert hat, zum Betriebsuntergang führen könnte. Die Folgen eines Schritts in diese Richtung wären in vielerlei Hinsicht unabsehbar und dramatisch. Abwanderung vieler Kolleginnen und Kollegen, damit verbundene operationelle Einschränkungen und finanzielle Einbußen, unnötige Prozesse bei Gericht und entsprechende rechtliche Unsicherheit, Unfrieden und Unruhe in Cockpit und Kabine, einhergehende Sicherheitsrisken und vieles mehr. Wer übrigens immer noch der Meinung ist, dass bei Anwendung des AVRAG nur das Gehalt eingefroren wird und der jeweils gültige KV der Tyrolean Airways zur Anwendung kommt, sollte dringend Kontakt mit einem Juristen oder mit unserem Betriebsrat aufnehmen. Ich jedenfalls wage zu behaupten, dass Schlagwörter wie Änderungskündigung und Einzelvertrag im Falle des Betriebsübergangs demnächst zu unserem Wortschatz gehören werden. Andererseits werden schöne Wörter wie etwa Sicherheit, Seniorität und soziale Gerechtigkeit wohl eher solche aus der Vergangenheit sein.

An dieser Stelle ist es mir ein großes Anliegen zu betonen, dass ich die Damen und Herren von Cockpit und Kabine bei Tyrolean Airways respektiere und schätze. Ich weiß, dass sie zum großen Teil unsere Argumente und Bedenken verstehen. Dass sie sich in uns hineinversetzen können und zum Schluss kommen müssen, dass dieser Weg nicht der richtige sein kann. Ein Konzernkollektivvertrag allerdings muss und wird in Zukunft ein Thema sein, das ist für mich und für viele andere selbstverständlich und unerlässlich.

Ab heute haben wir die Möglichkeit, den für alle betroffenen Gruppen des fliegenden Personals der AUA möglichst gerechten und ausgewogenen Vorschlag des Betriebsrats abzustimmen. Mit dem heutigen Tag haben wir die Chance, ein Zeichen zu setzen. Wir haben die einmalige Gelegenheit, aufzuzeigen, dass wir eine Zukunft für unsere AUA und bei unserer AUA wollen, dass wir bereit sind, auf über viele Jahre erworbene Rechte und Ansprüche zu verzichten, dass wir unseren großen Teil zur Sanierung und zum Fortbestand unserer AUA beitragen wollen. Dass wir zu unverzichtbaren Werten wie Respekt, Vernunft, Aufrichtigkeit und vor allem zur Dialogfähigkeit stehen. Werte, die wir jeden Tag leben, die wir von anderer Seite leider in diesen Tagen vermissen. Wir können den ersten Schritt setzen, damit wir in Zukunft in Ruhe, in Frieden und endlich wieder mit Gelassenheit, mit freiem Kopf, ohne zermürbende Sorgen und Ängste, unseren fordernden Berufsalltag meistern können.

Ich möchte Euch im Sinne einer positiven Zukunft, im Sinne einer dringend notwendigen Kehrtwende der zur Zeit stattfindenden Prozesse, folgenden Vorschlag machen, ja, ich möchte Euch von Herzen bitten:

Lasst uns mit einem schallenden "JA" unsere Meinung zu unserem Unternehmen, zu unserem Betriebsrat, zu uns selbst kundtun. Und zwar so laut, dass man es auch in Frankfurt noch hören wird!

In uns schlägt ein AUA-Herz, wir sind das Herz der AUA, wir halten dieses Herz am Pumpen! Wir werden zwar bluten, aber wir halten die AUA am Leben! Unsere AUA!

Liebe Grüße, Euer Peter

P.S.: Auch heute bedanke ich mich für Eure Aufmerksamkeit.
Auch heute bitte ich Euch, gewisse Emotionalitäten und auch die Länge meiner zusammengefassten Gedanken zu verstehen, wieder ist mir etwas leichter um's Austrian Herz...

P.P.S.:Wenn Ihr erneut glaubt, dass dieses Mail von Sinn und auch von Interesse ist, leitet es bitte weiter. Danke.

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(red)