Österreich

Offenbar sittenwidrige Klauseln in neuen LaudaMotion-Verträgen

Die Ryanair-Außenstelle in Österreich, das LaudaMotion-Büro im Concorde Business Park in Schwechat - Foto: Huber / Austrian Wings Media Crew

Juristen der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft haben die neuen LaudaMotion-Verträge bis ins kleinste Detail geprüft und orten womöglich rechtswidrige Klauseln. Der Ryanair-Ableger LaudaMotion hüllt sich bislang zu den Vorwürfen in Schweigen.

Wie von Austrian Wings bereits ausführlich berichtet, werden neue Mitarbeiter bei der österreichischen Ryanair-Tochter LaudaMotion nicht mehr direkt sondern nur noch über eine Leiharbeitsfirma angestellt - sämtliche Jobinserate sind über die irische Leiharbeitsfirma Crewlink ausgeschrieben, die auch das Personal für die Muttergesellschaft Ryanair stellt.

Die neuen Verträge (liegen unserer Redaktion vor) haben es sprichwörltich "in sich". Sie sind in Englisch abgefasst, was die Verständlichkeit für die Arbeitnehmer erschwert, da es sich teils um verklausilierte juristische Formulierungen handelt, die selbst auf Deutsch mitunter nicht beim ersten Mal inhaltlich verständlich sind.

Zudem beinhalten die Verträge Klauseln, die nach Ansicht von Juristen unter Umständen gegen österreichisches Recht verstoßen, auf jeden Fall jedoch in etlichen Fällen zumindest als ethisch fragwürdig angesehen werden können. So heißt es darin etwa: "Gehaltsüberprüfungen und gegebenenfalls -anpassungen erfolgen aufgrund Ihrer Leistung und des Erfolgs des Unternehmens. Ihr Beschäftigungsverhältnis unterliegt keinen automatischen Vorrückungen oder Gehaltserhöhungen." Für Juristen dürfte das in der Praxis kaum haltbar sein, da kollektivvertragliche Erhöhungen (LaudaMotion hat einen Kollektvvertrag) gar nicht ausgeschlossen werden können. Zudem enthalten die neuen Verträge laut Arbeiterkammer eine sechsmonatige Probezeitvereinbarung, was laut § 19 (2) AngG und §1158 (2) ABGB ebenfalls nicht erlaubt ist. Die Probezeit darf nämlich maximal einen Monat betragen.

Für die Juristen unfassbar: Wer krank ist, erhält das Krankengeld laut LaudaMotion-Vertrag nur als "Darlehen" ausgezahlt und muss es zurückbezahlen. So steht im Vertrag: "Wenn Sie aufgrund eines Unfalls, der im Dienst oder außerhalb der Dienstzeit passiert ist, bzw. aufgrund eines Leidens, das Sie sich im Dienst oder außerhalb der Dienstzeit zugezogen haben, der Arbeit fernbleiben, wird vom Unternehmen das Ihnen in Bezug auf diese Fehlzeit gezahlte Krankengeld als Darlehen ausbezahlt, das Sie an das Unternehmen zurückzahlen müssen, wenn Sie in Bezug auf Ihre Verletzung, Ihr Leiden bzw. Ihre Dienstverhinderung Schadenersatz erwirken." Auch das ist laut Juristen nicht rechtlich gedeckt, da die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle gemäß § 6 EFZG, § 40 iVm §8 AngG  zwingend zu erfolgen hat. Wie berichtet, kündigte LaudaMotion kürzlich eine Flugbegleiterin, weil sie in einem Jahr insgesamt 14 Krankenstandstage angesammelt hatte und warf ihr im Kündigungsschreiben noch vor, dadurch den Betrieb zu gefährden.

"Die Experten der Arbeiterkammer stehen Betroffenen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite."
AK-NÖ-Präsident Markus Wieser gegenüber Austrian Wings

Außerdem verlangt das Unternehmen, dass sich ein Mitarbeiter im Krankheitsfall "jederzeit" von einem "unabhängigen Arzt" untersuchen lässt und dieser Mediziner "dem Unternehmen den Befund offenlegen und mit diesem Besprechen darf". Zudem würden sätmliche "Befunde und Ergebnisse derartiger Untersuchungen verbleiben im Eigentum des Unternehmens" bleiben. Für Arbeitsrechtler absolut unzulässig, denn einem Dienstnehmer in Österreich steht die freie Arztwahl zu und es gibt laut einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes keinen Anspruch des Dienstnehmers, die Diagnose zu erfahren.

Und dies sind nur einige der Klauseln, die vor Gericht wohl kaum standhalten dürften beziehungsweise im Einzelfall sehr genau geprüft würden. Sowohl LaudaMotion Gescheschäftsführer Andreas Gruber als auch seine Pressesprecherin hüllen sich bereits den ganzen Tag über in Schweigen, haben mittlerweile aber ein Stellungnahme angekündigt. Wann diese eintreffen wird, ist allerdings noch völlig unklar.

AK-Präsident Markus Wieser - Foto: AK

Nicht schweigen will indes der Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich, Markus Wieser: "Die Mitarbeiter bringen jeden Tag hervorragende Leistungen. Sie haben sich dafür auch Fairness, anständige Arbeitsbedingungen und ein gutes Gehalt mehr als verdient." Damit geht Wieser auf das neue Gehalt von Flugbegleitern ein, das bei nur 960 Euro netto liegen soll.

Denn selbst jene Punkte, die von Juristen nicht beanstandet wurden, sind weitgehend zum Nachteil des Arbeitgebers ausgelegt. So hat der Arbeitnehmer laut den vorliegenden Vertragspapieren keinerlei Recht auf einen fixen Standort. Er kann gewissermaßen jederzeit dort eingesetzt werden, wo das Unternehmen es verlangt.

"Ich ganz persönlich empfinde meine Arbeitsbedingungen mittlerweile zunehmend als modernes Sklaventum. Für die neuen Kollegen wird es wohl noch schlimmer. Wo bleibt der Gesetzgeber, der so etwas verhindert? Ich weiß nicht, wie lange ich den Druck bei dieser Firma noch aushalte."
Eine LaudaMotion-Mitarbeiterin

Augenscheinlich hat man bei Ryanair/LaudaMotion angesichts dieser Zustände eine fast schon panische Angst Medien. Zu dieser Vermutung gibt jedenfalls eine weitere interessante Klausel Anlass. Denn so ist den Angestellten (bzw. Mitarbeitern der Leiharbeitsfirma) laut Vertrag sinngemäß jedwede Tätigkeit in diese Richtung untersagt. Ein Verstoß werde als "grobes Fehlverhalten" gewertet. Wörtlich heißt es für einen solchen Fall im Vertrag: "Darüber hinaus wird das Unternehmen vor Gericht eine Klage auf Schadenersatz (samt Strafschadenersatz) gegen Sie bzw. etwaige Dritte wegen übler Nachrede, Verleumdung, Vertraulichkeitsverstößen und der Verletzung der Privatsphäre einbringen und zudem die Kosten dieses Gerichtsverfahrens von Ihnen einfordern."

 

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(red)