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Germanwings-Beinahe-Absturz: Lufthansa spielt Vorfall weiter herunter

Nachdem der Beinahe-Absturz von Germanwings Flug 753 am 19. Dezember 2010 heuer bekannt wurde, lud Lufthansa Ende Oktober ausgewählte Journalisten nach Frankfurt, womit die AUA-Konzernmutter eine "Versachlichung der Diskussion" erreichen wollte, wie der Onlinedienst "aero.de" berichtet. Wie von Austrian Wings berichtet, war die Cockpitbesatzung des betreffenden Fluges nach der Inhalation potentiell kontaminierter Kabinenluft beinahe handlungsunfähig geworden und konnte die mit 144 Passagieren und 5 Besatzungsmitgliedern besetzte Maschine gerade noch mit letzter Kraft landen.

Lufthansa wies die Darstellung in den Medien, wonach der betreffende Flug nur "knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt" sei einmal mehr zurück und ließ nun den Kapitän selbst vor den geladenen Medienvertretern zu Wort kommen.

Laut "aero.de" hätte der Pilot seine Eindrücke geschildert und dabei angegeben, dass er "nach dem reflexartigen Aufsetzen der Sauerstoffmaske wieder Herr seiner Sinne" gewesen sei.

Diese Aussage steht allerdings in krassem Widerspruch zu den Angaben, welche die Piloten gegenüber der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) nach dem Vorfall machten. Hier beschrieben sie ihren Zustand kurz vor der Landung nämlich noch als "surrealistisch und wie in einem Traum". Laut BFU handelt es sich bei dem Zwischenfall um eine "schwere Störung" des Luftverkehrs.

Zeitung veröffentlicht interne Erlebnisberichte der Besatzung

Nach Bekanntwerden des Lufthansa-Pressegesprächs veröffentlichte die Zeitung "Die Welt" im Internet jene Erlebnisberichte, die der Kapitän und sein Erster Offizier kurz nach dem Beinahe-Absturz verfasst hatten.

In dem Schreiben des Kapitäns heißt es unter anderem: "Während des gesamten Anflugs fühlte ich mich körperlich sehr schlecht. Mein Eindruck war, dass ich allein mit dem manuellen Fliegen im Flight Director an der Obergrenze dessen arbeitete, was mir momentan überhaupt möglich war."

Zudem habe der Kommandant "kaum noch einen klaren Gedanken fassen" können.

Noch schlechter war offenbar der Zustand des Ersten Offiziers, welcher vom Rettungsdienst nach der Landung aus dem Flugzeug getragen werden musste. Er schrieb: "Scheiße ey, hoffentlich schaffen wir das, ich kann nicht mehr, ich weiß nicht wo wir sind, oh Gott bitte lass uns heil landen, bitte lass uns das überleben. Verdammt, was kann ich noch machen?"

Der Erste Offizier war nach dem Vorfall für sechs Monate fluguntauglich.

Nach den nun veröffentlichten persönlichen Berichten der Piloten könnte mehr denn je der Eindruck entstehen, dass Flug Germanwings Flug 753 einem Absturz nur um Haaresbreite entgangen ist.

Nach Bekanntwerden dieses Vorfalls ist das Thema "Kontaminierte Kabinenluft" im Fokus von Medien, Herstellern und Fachleuten.

"Aero.de" will außerdem herausgefunden haben, dass eine deutsche Fluglinie eine 737 wegen "anhaltender Probleme mit Öldämpfen" in der Kabine sogar an den Hersteller zurückgeben will.

Bis heute haben übrigens weder Lufthansa noch irgendeine andere deutsche Fluggesellschaft auf die Frage, ob sie ihre Passagiere nach derartigen Vorfällen über mögliche Gesundheitsrisiken informiert haben, eine klare Antwort gegeben, sondern sich in PR-Floskeln geflüchtet.

Und so erscheint es auch wenig verwunderlich, dass seine Vorgesetzten den Kapitän von Flug 753 noch im Krankenwagen via Handy fragten, was die Passagiere von dem Vorfall mitbekommen hätten.

(red)