Punktlandung

aktualisiert

In eigener Sache: Turkish Airlines will nach Absturz von Frachter Bericht zensurieren

Die Überreste des verunglückten Turkish Fluges TK 6491 - Foto: Twitter

Medienfreiheit ist ein hohes Gut in einem demokratischen Rechtsstaat wie Österreich. Dass sich die Türkei von derartigen Prinzipien in der jüngeren Vergangenheit unglücklicherweise verabschiedet hat (Verhaftung Tausender Lehrer, Oppositioneller, Journalisten, Schließung kritischer Medien ...) ist wohl allgemein bekannt. Jetzt versucht die (teil-) staatliche türkische Fluggesellschaft über einen türkischen Anwalt in Wien, Einfluss auf die Berichterstattung auf Austrian Wings zu nehmen. Doch da hat die Airline die Rechnung ohne den Wirt gemacht ...

Liebe Leserinnen und Leser!

Seit der Gründung von Austrian Wings im Jahr 2009 hat die gesamte Crew stets mit Leidenschaft und Herzblut danach getrachtet, unabhängigen, kritischen, bissigen und qualitativ hochwertigen auf Fakten basierenden Journalismus zu aviatischen Themen zu liefern. Dass wir damit an mancher Stelle anecken würden, war uns natürlich bewusst. Dass wir nach bald 30.000 Beiträgen niemals geklagt wurden, obwohl wir manches Begehren nach (ungerechtfertigten) Gegendarstellungen zurückgewiesen haben, spricht wohl für die Qualität unserer Arbeit.

Doch unser heutiger Bericht über den Absturz eines türkischen Boeing 747-400-Frachters, der unter Turkish Airlines Flugnummer auf dem Weg von Hong Kong nach Istanbul war, veranlasste das Management von Turkish Airlines, einen Anwalt mit einem Zensurbegehren (anders lässt sich das Schreiben, welches wir erhalten haben nicht nennen) zu beauftragen.

Offenbar hat es sich bis ins Management von Turkish Airlines noch nicht herumgesprochen, dass in Österreich Medien tatsächlich frei und unabhängig agieren können und nicht auf Zuruf von (teil-) staatlichen Unternehmen eine weichgespülte Hofberichterstattung betreiben müssen.

Anders lässt sich nicht erklären, dass der von Turkish Airlines beauftragte in Wien ansässige Rechtsanwalt Mehmet Saim Akagündüz uns namens seiner Mandantschaft auffordert, den Bericht über den Absturz der 747 in Bishkek (man lasse sich die Formulierung auf der Zunge zergehen) so "zu korrigieren", dass "keine Assoziationen mehr zu Turkish Airlines hergestellt werden können".

Denn Austrian Wings, so Jurist Akagündüz in seinem im Auftrag von Turkish Airlines verfassten "Drohschreiben", berichte "völlig unzutreffend", dass die verunglückte 747 "im Auftrag von Turkish Airlines" unterwegs war. Und diese "unrichtige Berichterstattung" wiederum sei geeignet "den sehr guten wirtschaftlichen Ruf meiner Mandantin schwerstens zu beeinträchtigen".

Mit anderen Worten: Turkish Airlines möchte schlichtweg nicht, dass die Öffentlichkeit erfährt, dass die heute abgestürzte Boeing 747-400F der MyCargo Airlines (vormals ACT) unter der Turkish Airlines Flugnummer TK 6491 unterwegs war und droht über ihren Wiener Anwalt - sollten wir die geforderte "Korrektur" nicht vornehmen - damit, ihren Willen "auf dem Rechtsweg" durchzusetzen.

Zudem widerstrebt es Turkish Airlines ganz offensichtlich, dass wir auf die vergleichsweise schlechte Sicherheitsstatistik der Airline hingewiesen haben - ein Umstand, der objektiv durch mehrere Faktoren belegbar ist, unter anderem dadurch dass die Fluggesellschaft im Jahr 2014 im JACDEC-Sicherheitsranking nur Platz 49 belegte und 2015 gar auf Platz 50 (von 60) zurück fiel.

Nun, als völlig unabhängiges Medium, dessen Macher Rückgrat haben, können wir Ihnen liebe Leserinnen und Leser versichern, dass wir auch weiterhin über Tatsachen berichten und uns derart plumpen Zensurversuchen nicht beugen werden.

Wir denken allerdings, dass die Öffentlichkeit erfahren sollte, mit welchen Methoden Turkish Airlines arbeitet, wenn ihr ein faktenbasierter Bericht nicht in den Kram passt ...

(HP)

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.